Gibt es natürliche Immunität gegen das SARS-CoV-2, die durch sogenannte „Memory“ T-Zellen vermittelt werden kann?

Es gibt vier endemische Coronavirus Stämme (229E, NL63, OC43, HKU1), mit denen wir sehr wahrscheinlich schon seit hunderten von Jahren leben. Etwa 25% – 30% der Erkältungskrankheiten werden von diesen vier Stämmen verursacht. Die verbleibenden 70% werden durch andere Viren wie z.B. Rhinoviren (Schnupfenviren) ausgelöst.

In diesem Jahr (2022) hat eine Gruppe von Forschern ein Studie veröffentlicht, in der 52 Haushalte, die kürzlich einen Fall einer SARS-CoV-2 Infektion in der Familie hatten (PCR Testung), untersucht wurden. Nicht alle Mitglieder der Haushalte zeigten Krankheitssymptome oder waren PCR-positiv.

Die entscheidende Frage der Studie war, ob eine frühere Infektion mit einem der vier endemischen Coronaviren einen Schutz gegen die SARS-CoV-2 Infektion darstellt. Allen Personen aus diesen Haushalten wurde Blut abgenommen, um ihre T-Lymphozyten genauer zu analysieren. Hat ein Proband bereits sogenannte Memory T-Zellen gegen ein endemisches Coronavirus im Blut, dann könnte eine Infektion mit SARS-CoV-2 durch die Stimulierung dieser „alten“ Memory T-Zellen von Beginn an abgeblockt werden. Diese Annahme basiert darauf, dass es eine Kreuzreaktion der T-Zellen mit den verschiedenen anderen Coronavirus Stämmen gibt. Die re-aktivierten T-Zellen wären sofort bereit, das Virus zu eliminieren und es findet daher auch keine Virusvermehrung statt. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum nur ein Teil der Probanden im PCR Test positiv war (PCRpos n=26) und somit gesund blieb.

In der Studie wurden die T-Zellen auf ihre Reaktivität gegen bestimmte Abschnitte der Coronavirusproteine, wie z.B. dem Spike-Protein, dem Nucleocapsid-Protein oder dem Hüllenprotein, getestet.

Die Analyse wurde mit Hilfe eines sog. FLISpot (fluorescence-linked immunospot) durchgeführt. Dabei werden zwei Zytokine, Interferon Gamma und Interleukin-2 (die von aktivierten T-Zellen produziert werden) gleichzeitig gemessen.

In der Studie konnte bei PCRneg (n=26) Personen eine große Anzahl an re-aktiven T-Zellen gegen Nucleocapsid-Protein und gegen das Hüllenprotein nachgewiesen werden. Auffällig war, dass die Zahl der re-aktiven T-Zellen gegen das Spike-Protein keinen signifikanten Unterschied zwischen den PCRpos und PCRneg Gruppen zeigte. Das Spike-Protein ist jenes Protein des Virus, welches die höchste Mutationsrate im Coronavirus Genom* aufweist. Es ist nicht überraschend, dass es kaum Memory T-Zellen gibt, die das Spike-Protein erkennen können, da es sich sehr schnell verändert.

Diese Daten werfen die Frage auf, warum für die SARS-CoV-2 Gentherapie ausgerechnet jenes Protein verwendet wurde, welches sich am schnellsten verändert. Die eindeutig bessere Wahl zur Erzeugung von länger anhaltender Immunität wäre das Nucleocapsid-Protein.

Auch andere Studien haben gezeigt, dass es bereits re-aktivierbare T Zellen in SARS-CoV-2 naiven, gesunden Probanden gibt, die eine Infektion abwehren können.

Dr. Renate Konopitzky (PhD)

*Das Genom ist die Summe der genetischen Information eines Organismus (in dem Fall des Virus)

Nature Communications, 2022 Jan 10;13(1):80. doi: 10.1038/s41467-021-27674-x

Weitere Publikationen zu diesem Thema:

Selective and cross-reactive SARS-CoV-2 T cell epitopes in unexposed humans. Science 370, 89–94 (2020)

Targets of T cell responses to SARS-CoV-2 coronavirus in humans with COVID-19 disease and unexposed individuals. Cell 181, 1489–1501.e15 (2020).

SARS-CoV-2-derived peptides define heterologous and COVID-19-induced T cell recognition. Nat. Immunol. https://doi.org/10.1038/s41590-020-00808-x.

SARS-CoV-2-specific T cell immunity in cases of COVID-19 and SARS, and uninfected controls. Nature584, 457–462 (2020).

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