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Präsident Steinhart im Rückzug?

Rücktritt oder Verhinderung? – Verwirrung um ÄK-Präsident Steinhart.

Am 26.4.2023 gab es eine außerordentliche Vollversammlung der Ärztekammer Wien. Diese war einberufen worden, damit Präsident Steinhart Auskunft über die fragwürdigen Geschäfte und Skandale einiger Tochtergesellschaften der ÄK gibt. Dies stieß auf großes Interesse der Wiener Ärztinnen und Ärzte. 95 Kollegen hatten sich angemeldet, um der Vollversammlung persönlich zu folgen, auch viele MFG-Sympathisanten. Leider war viel zu wenig Platz für die Zuhörer. Hier ist in Zukunft unbedingt dafür zu sorgen, dass interessierte Ärzte auch tatsächlich an den für sie öffentlichen Vollversammlungen teilnehmen können, um sich ein eigenes Bild über die Vorgänge zu machen. Auch hat die Ärztekammer ihre 14.000 Mitglieder nicht in einer extra Aussendung über die Vollversammlung und deren Inhalt informiert (sondern nur allgemein über Termin und Ort ca. zwei Wochen vor dem Termin). Dies ist ein weiterer Aspekt, wo wir mehr Transparenz fordern. Leider hat die Ärztekammer auch eine Live-Übertragung oder eine Aufzeichnung untersagt, nicht einmal für die 14.000 Ärztekammer-Mitglieder war dies möglich.

Es sollte Präsident Steinhart zu den Vorgängen um die Töchterfirmen der Ärztekammer berichten und für Fragen zur Verfügung stehen. Am Vortag hatte er noch eine Aussendung verfasst, in der er jede Schuld von sich wies. Er behauptete sogar, nie auch nur eine Weisung an die Geschäftsführer der Equip4Ordi, die mittlerweile entlassen und von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden, gegeben zu haben. In dem Zusammenhang muss man wissen, dass für den Eigentümervertreter selbstverständlich eine sogenannte Weisungskette und eine Aufsichtspflicht besteht. Wenn der Kurienobmann als Vertreter der ÄK eine Weisung an die Holding gibt, dass die Holding der Equip4Ordi eine Weisung gibt, dann ist das selbstverständlich als Weisung an die Equip4Ordi zu sehen. Es ist irritierend, dass Präsident Steinhart als Eigentümervertreter behauptet, er hätte keinen Einfluss und hätte auch nichts wissen können. Entweder er sagt die Unwahrheit oder es fehlen ihm Grundkenntnisse der Betriebswirtschaft.

Leider ist Präsident Steinhart am nächsten Tag und somit am Tag vor der außerordentlichen Vollversammlung plötzlich erkrankt. Angeblich fällt er für zwei bis drei Monate aus. Wir wünschen ihm trotz allem eine rasche Genesung – auch, damit er danach geordnet übergeben kann bzw. den Weg zu Neuwahlen frei macht. Die Ärztekammer hat daraufhin eine etwas eigenartige Presseaussendung verfasst, in der sie schreibt: „Johannes Steinhart hat sich heute (Dienstag) aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend aus den Geschäften als Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer zurückgezogen.“ Nun gibt es aber im Ärztegesetz keinen „vorübergehenden Rückzug aus den Geschäften als Präsident“. Hier wird nur von Verhinderung gesprochen, (beispielsweise bei Urlaub oder Krankenstand) oder eben Rücktritt. Auch die breite Öffentlichkeit hat diese Aussendung als Rücktritt verstanden, beispielsweise schrieb heute.at: „Steinhart war bis zum Vorjahr noch Kurienobmann. Er geriet daher zuletzt unter Beschuss, wies die Vorwürfe, involviert gewesen zu sein, allerdings mehrfach zurück. Eine Rückkehr auf seinen Posten als Wiens Ärztekammerchef gilt als unwahrscheinlich.“

Auch die Mandatare der MFG-Liste Christian Fiala schütteln dazu nur den Kopf. MFG-Mandatar DDr. Christian Fiala meint: „Die Möglichkeit eines „vorübergehenden Rückzugs“ findet sich weder in der Geschäftsordnung der Wiener Ärztekammer noch im Ärztegesetz. Daher ist diese von der Ärztekammer veröffentlichte Information als Rücktritt des Präsidenten anzusehen und die Vollversammlung hat spätestens in ihrer nächsten ordentlichen Sitzung einen neuen Präsidenten zu wählen.“

Daraufhin korrigierte die Ärztekammer noch vor Beginn der Vollversammlung auf ihrer Homepage den Text auf „Präsident Steinhart ist aus gesundheitlichen Gründen verhindert.“

In der Vollversammlung wurde laut informierten Teilnehmern dann ein Bericht von mehreren Rechtsanwälten, Strafrechtsexperten und den neuen Geschäftsführern der Tochterfirmen gelegt. Erschütternd ist, dass der derzeit ermittelte Schaden mittlerweile auf 5,5 Millionen Euro angewachsen sein dürfte.

Fast alle Wortmeldungen dazu nannten neben der strafrechtlichen Aufklärung auch die politische Verantwortung der handelnden Personen, sowohl des Präsidenten und vormaligen Kurienobmannes als auch derjenigen vormaligen Beiratsmitglieder, die keine Aufklärung veranlasst hatten. Auch die MFG Ärzte fordern die politische Verantwortung der Entscheidungsträger in dieser Causa vehement ein. Ebenso ist aus den Berichten der anwesenden Rechtsanwälte die Mitverantwortung der Beiräte der Equip4Ordi ableitbar („Einlassungsfahrlässigkeit“). Immerhin haben diese Kolleginnen und Kollegen Honorare bezogen und wurden vom Präsidenten bzw. zuständigem Organ vorgeschlagen – um nicht zu sagen „belohnt“.

Das führte dazu, dass aufgrund dieser Informationen die Fraktion MFG – Liste Christian Fiala einen Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt (der sich aus den Berichten bzw. Debatten ergeben hat) auf Entzug des Vertrauens an den Präsidenten stellte. Die Ärztekammerleitung verweigerte aber, diesen Antrag zuzulassen und berief sich auf die Geschäftsordnung, laut der Tagesordnungspunkte vor dem Beginn der Sitzung hätten beantragt werden müssen. Es handelt sich aber wie gesagt nicht um einen neuen Tagesordnungspunkt, sondern um den Antrag zu einem bestehenden Tagesordnungspunkt, noch dazu zu dem Punkt, weshalb diese außerordentliche Vollversammlung überhaupt erst einberufen worden war.

In der Folge wurden noch weitere Tagesordnungspunkte beschlossen, vor allem um die Satzung oder Geschäftsordnung zu ändern und bestehende (bezahlte) Referenten nur mit Zweidrittel-Mehrheit aus ihren Ämtern entheben zu können oder um im Präsidium Sitzungen leichter einberufen zu können. Hier handelte es sich offenbar um Konsequenzen aus dem internen Machtkampf der Gruppe, die Präsident Steinhart die Stange halten, gegen diejenigen Personen, die Aufklärung möchten und Konsequenzen aus dem Equip4Ordi-Skandal ziehen wollen.

Nach Mitternacht waren viele Mandatare bereits nach Hause gegangen, sodass keine weitere Beschlussfähigkeit mehr gegeben war. Die Anträge der MFG zum Budget und Reduktion der Kammerbeiträge, zum Urteil des Verfassungsgerichtshofes über die Disziplinarkommissionen, zu Disziplinarverfahren, zum Stand der Prüfung durch den Rechungshof, zu Masken, zur Coronaimpfung und zu einem Referat für COVID-19 Maßnahmenaufarbeitung konnten daher leider nicht mehr behandelt werden. Sie wurden auf die nächste Sitzung verschoben.

Die nächste Vollversammlung wird voraussichtlich am Di 13. Juni 2023 ab 14 Uhr in Wien stattfinden. Alle Wiener Ärztinnen und Ärzte haben wieder das Recht auf Teilnahme.

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